Birkenballett: Bäume, tanzende Zauberwesen

Aquarell, auf dem Bäume und eine Landschaft zu sehen sind

Spirit in nature

Inspiration ist überall. Nicht nur an strahlend schönen Tagen. Wie schön es ist, sich den leisen Tönen hinzugeben, beim Blick aus dem herbstlich-winterlichen Fenster. Die Wälder stehen still und schweigsam, kaum ein Vogel ist zu hören. Sogar die Rehe haben sich zurückgezogen. Igel und Dachs verträumen ihren Winterschlaf. Nur die Zweige tanzen ihr filigranes Birkenballett.
Unten siehst du die Aussicht aus meinem Atelier mit den entlaubten Birken und wie sich ihre schwarz-weißen Äste nach oben ranken. Das muss ich malen, dachte ich und gleich drauf: aber wie?

Der Zufall als mein wichtigster Verbündeter

Ich liebe Arbeitsvorgänge, die ich nicht kontrollieren kann. Die Unbefangenheit behalten, scheint mir sehr wichtig beim Aquarellieren. Trotz Kenntnis wichtiger Grundregeln immer wieder auszubrechen und Neues zu probieren. Warum nicht mal mit Hellem über das Dunkle gehen? Nicht nur symbolisch, sondern auch am Ingres-Papier. Etablierte Ansichten über den Haufen zu werfen, erfrischt mein Gemüt ungemein. Neue Perspektiven eingehen, weg vom Gewohnten, das nur allzu schnell langweilig werden kann. Spielen mit neuen Materialien, Farben und Pinsel-Surrogaten.

Drahtwaschl & Radetzkystift

Very tricky muss man manchmal vorgehen. Denn wie male ich bloß diese filigranen Birkenstämme und wie bekomme ich die wuseligen, kupferfarbenen Blätter hin? Ich habe mir dafür zwei Gehilfen angelacht: erstens den Drahtwaschl („Topfreiniger aus Edelstahl“ für all Nicht-Eingeborenen) und zweitens den Radetzkystift (ein Radiergummi, der in einen Stift eingefaßt ist, siehe Bild unten). Der leistet übrigens nicht nur beim Birkenballett, sondern auch beim Zeichnen unschätzbar gute Dienste.

Heute sprenge ich auch das Schritt-Anleitungs-Konzept und zeige euch bloß Impressionen aus den Arbeitsschritten. Der Beginn des Bildes ist derselbe wie bei dem Aquarell „Der Atem des Januar“ mit den blauen Bäumen oder Hügeln im Hintergrund (Ultramarinblau und Siena gebrannt). (In diesem Artikel findet Ihr auch Infos zu den Materialien.) Ihr spart bloß die beiden Häuschen-Silhouetten aus. Die bleiben weiß. Das könnten sie übrigens bis zum Schluß bleiben. Ich habe zwar Fenster und Schatten eingezeichnet, halte das aber für allzu kleinteilig. Also besser weiß lassen.

Die Birkenstämme habe ich mit einem blaugefärbten Maskier-Stift (Rubbelkrepp!) skizziert. Dann die dunklen Wald-Teile malen und trocknen lassen. Die nur teilweise entlaubten Bäume fand ich besonders faszinierend. Sie fächerten ihre Äste so schwungvoll dynamisch auf, zeitweise leuchtete ein Büschel Blätter in hellem Kupfer auf. Ein sublimes Leuchten, obwohl sich die Sonne den ganzen Tag nicht zeigen wollte. Allein mit der Kraft des zartgrauen Tageslichts fand der Baum die Kraft seine allerletzten Blätter leuchten zu lassen. Großartig! Nun kommt die Sache mit dem Hellen aufs Dunkle, das ja im Aquarell eigentlich als ganz böse gilt. Nachdem ihr die weißen Birkenstämme fertig habt, taucht ihr den Drahtwaschl in ein Näpfchen mit oranger und ockergetönter Gouache-Farbe und tupft damit mutig über die Birkenzweige – solange bis ihr zufrieden seid. 😉

Mit einem Drahtwaschl Farbe platzieren
Den Drahtwaschl in orangefarbene Gouache eintunken und sanft auf das TROCKENE Papier auftupfen

Mystik & Magie

Ich habe einige Schichten Aquarellfarbe (Paynesgrau, Smaragdgrün, Chinacridon Violett, Vandyckbraun, Lichter Ocker Natur, alles von Schmincke) an verschiedenen Tagen übereinander gelegt, sodass der Rubbelkrepp sich so fest ins Papier gekrallt hat, dass er sich gar nicht mehr lösen wollte. Aus der Not eine Tugend machend, habe ich daher mit einem Radierstift begonnen, den Krepp wegzuschaben. Das hat hervorragend funktioniert mit dem schönen Nebeneffekt, dass ich teilweise etwas von dem blauen Rubbelkrepp stehenlassen konnte und somit die dunkle Rindenstruktur der Birkenstämme andeuten konnte.

Rubbelkrepp einfach wegradieren

Poetische Wipfel & Leidenschaft für Kleckse

Die Tannenbaumwipfel mit einem relativ trockenen Pinsel und einer Mischung aus Smaragdgrün und Vandyckbraun rasch malen. Nicht zu „pizzelig“ werden. 😉 Ein paar Spritzer und Kleckse lockern die Ernsthaftigkeit etwas auf und bilden ein schönes Gegengewicht gegen die fast kalligraphische Wirkung der Birkenstämme.

Blick auf die Tannen in der Ferne
Detail Birkenballett

Leichtigkeit und Schönheit des Augenblicks – Ruhe und Konzentration beim Malen.

Zwischenschritt Aquarell Birkenballett
Hier seht ihr, dass die weißen Häuserfronten am besten einfach weiß bleiben 🙂
Andeutung von Schnee
du siehst das fertige aquarell Birkenballett
Birkenballett, Aquarell auf Ingres-Papier 70gr., Herbst/Winter 2020

Aber nun viel Vergnügen beim Nachmalen. Ich hoffe, Euch zu kreativen Stunden inspiriert zu haben und wenn Ihr Fragen habt, einfach in die Kommentare schreiben oder per eMail an kresse (at) dodokresse.com

Ein wunderbare NEUES JAHR wünsche ich Euch und danke für Eure eMails und Briefe und SMSe! Ich freue mich immer, von Euch zu hören!

Eure Dodo