Der milde Wintertag: Sanftes Aquarell mit granulierenden Farben

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Wintertage einfangen

Während die ersten Frühlingsmeisen den Wintertag mit ihrem „Zizibeee-zizibee“ etwas erträglicher machen, machen wir es uns zuhause gemütlich und malen eine zartfarbene Winterlandschaft.

Vorbereitung

Jedes Aquarell will gut vorbereitet sein. Einfach drauflos malen, das bekommt eher dem Acrylbild. Beim Aquarell kann nichts zugedeckt, nichts korrigiert oder versteckt werden. Als erstes mischt du deine Farben. Denn du wirst beim großzügigen Aquarellmalen mit viel Wasser keine Zeit haben, zwischendurch eine Farbe zu mischen. Es muss alles ruckzuck gehen. Die Farben eines Wintertages sind meistens bläulich, gelblich, falls ein bisschen Sonne vorhanden ist und bräunlich-grau. Für das sanfte pastellfarbene Leuchten des Hintergrunds mischt du dir ein schönes Gelb, ich verwende dafür gerne das Turner Gelb von Schmincke. Dazu ein Violett. Beide in einem eigenen kleinen Farbnäpfchen. Gib solange Wasser dazu, bis die Farbe passt. Das heißt, du musst vorher auf einem Stück Aquarellpapier solange farbige Pinselstriche aufmalen, bis du mit der Tönung zufrieden bist. Lass dir Zeit!

Wie vermeide ich das Wellen des Aquarellpapiers?

Ich verwende für das Aquarellieren meist echtes Ingres Büttenpapier mit einer 100gr-Stärke. Und weil sich das Papier furchtbar wellen würde, sobald ich es mit Wasser benetze, muss ich es auf eine Holzplatte aufziehen. Das geschieht mit normalem Tapetenkleister. Du kannst dir ein paar Bretter auf Vorrat beziehen, dann kannst du schneller loslegen. Wie genau funktioniert habe ich hier erklärt. Für den „Wintertag“ ziehe ich die Horizontlinie im unteren Drittel und gieße auf die recht Seite etwas gelbe Aquarellfarbe und lasse sie nach links fließen, indem ich das Brett um etwa 3 cm nach rechts neige. Dasselbe nur umgekehrt mache ich mit der violett-rosa Farbe. Ich habe etwas vom Krapplackrosa dazugemischt. Dann lass das Ganze trocknen!

Hintergrund
Pastellhintergrund erzeugen

Wie male ich den sphärischen Waldhintergrund?

Erst wenn der Hintergrund ganz ganz ganz TROCKEN ist, dann kannst du beginnen, die Bäume im Hintergrund zu malen, oder besser gesagt, du lässt sie malen. Denn hier werden die einzelnen Baumgruppen nicht mit der Pinselspitze gemalt. Vielmehr lässt du das Wasser den ganzen Job tun. Du darfst einfach zugucken! Naja, nicht nur, ein bisschen Unterstützung musst du schon leisten. Nach den Fotos erkläre ich dir – Schritt für Schritt – wie es funktioniert!

So malst du den Wald im fernen Hintergrund:

Bäume granulierend
Der Wald malt sich selbst!

Du mischt auf Ultramarinblau und Siena gebrannt in einem Näpfchen eine müde, winterbraunblaue Farbe. Diese granulierenden Farben trocknen wunderbar körnig auf und es entsteht – quasi von selbst – diese Struktur, die an weit entfernte Wälder erinnert. Was du tun musst, ist viel Geduld aufbringen:

  • BENETZEN: Als erstes benetzt du die Fläche des Hintergrundwaldes mit Wasser – am besten mit einem breiten und sehr weichen Pinsel. Pass auf, dass er keine Haare verliert. Denn: lästig!
  • FARBE EINFLIESSEN LASSEN: Dann lässt du deine Farbmischung ganz sanft an der Grenze zum trockenen Papier in die nasse Fläche einfließen. Du kannst auch einzelne braune, blaue oder rote Pigmente einfließen lassen. Das verlangt etwas Übung. Dann kippst du das Brett nach vorne und lässt die Farbe nach unten Richtung Himmel fließen, dann wieder zurückkippen. Nun kippst du hin und her, bis die Farbe, nach ein paar Minuten, sanft zur Ruhe kommt. Du wirst bemerken, dass sie irgendwann einfach Lust hat, ein wenig zu trocknen.
  • RAUSTUPFEN: Das ist der Moment, wo du mit der Kante eines Papiertaschentuchs die „Stämme“ der Bäume aus dem Farbnebel „heraustupfst“. Halte die Kante bloß sachte in die noch halbnasse Farbe, die Kante saugt die Farbe selbständig heraus. Achte auf unterschiedliche Abstände. Die Natur mag keine immer gleichen Abstände!

Wie wird aus einem braunen Strich eigentlich ein Baumstamm?

Bäume sind gar nicht so einfach zu malen. Eine gute Lektüre dafür ist „Aquarellmalerei Bäume“ von Terry Harrison, einem talentierten Engländer, der seinen Schirm abgespannt ließ, als der Herr das malerische Talent vom Himmel regnen ließ. Manchmal ist er mir fast „zu artig“, aber dennoch lernt man sehr viel aus dem Buch. Von der Aquarellistin Ingrid Buchthal lernte ich das Bäumemalen auf eine sehr spielerische Art. Achte darauf, dass die Stämme keine „Schlangen“ werden. Arbeite den Stamm plastisch aus, indem du den Stamm auf einer Seite dunkler malst und auf der anderen Seite mit einem Wattestäbchen Farbe auftunkst. Beim Ästemalen immer wieder absetzen und in „Etappen“ malen. Der Vorteil eines Wintertags: du musst keine Blätter malen!

Schemenhafte Winterhalme – wann ist ein Fleck ein Grasbüschel?

Das Aquarell lebt davon, dass wir Dinge hineininterpretieren. Alles, was zu „genau“ ist, passt eigentlich nicht wirklich zu dieser Technik. Alles hat etwas Traumhaftes, Ungefähres, Verschwommenes. Das liebe ich daran.

Gras hinter Bäumen
Grasflecken hinter Bäumen
Gras malen
Wintertag: Ultramarinblau „kühlt“ das Siena gebrannt

Wie male ich Schneereste auf Ästen?

Am besten du wirfst niemals einen Pinsel weg. Und sei er auch noch so hinüber! Denn mit kratzbürstigen, alten Pinseln kann man in der Aquarellmalerei noch allerhand anfangen. Etwa Schnee malen! Hol dir mit dem alten, schmalen Borstenpinsel etwas Titanweiß aus der Tube – nein, kein Wasser dazu! Gerade die dicke Paste in Kombination mit dem wirren Pinsel lässt dich das Weiß so bröckelig auf die Äste und Stämme auftragen, dass man als Betrachter diesen pudrigen Schnee-Eindruck bekommt. Eben typisch Wintertag!

Ist Schnee blau?

Eigentlich nicht. Aber die Schatten der Schneehügel wirken blau. Meistens. Manchmal auch gelb. Oder violettgrau. Probiere einfach aus, was am besten zur Stimmung des Bildes passt. In meinem Fall habe ich einen Hauch Ultramarinblau genommen, um die Schneedecke etwas aufzulockern. Geh sparsam um mit Schatten.

Schnee
Zarte Ultramarin-Schatten, um Hügel anzudeuten

Manchmal passt zum Wintertag partout ein Passepartout

Ich finde, die weißen oder cremefarbenen Passepartouts mit sorgfältig geschnittenen schrägen Innenkanten, passen wunderbar zu Aquarellen. Außerdem kann man damit noch einmal die Gleichgewichte in den Bilder suchen und ausbalancieren. Auch für das Verschenken oder den Verkauf der eigenen Bilder ist das sorgfältige Rahmen unbedingt notwendig. Für das Bild „Wintertag“ würde ich einen zarten weißen Holzrahmen und ein weißes Passepartout wählen. Was meinst du?

Passepartout
Mit gelber Tönung
Hier siehst du den „Wintertag“ mit einer zusätzlichen orangefarbenen Lasur.

Ich hoffe, ich habe dir gehörig Lust gemacht, auch mal ein winterliches Aquarell anzufertigen.

Ein letzter Tipp: Verwende immer 2 Gefässe mit Wasser, eines zum Pinsel-Auswaschen und eines, um mit dem Pinsel anschließend sauberes Wasser aufzunehmen. So musst du nicht alles 5 Minuten neues Wasser holen.

Ich wünsche Dir eine schöne Woche mit vielen, kreativen Stunden an diesen Wintertagen! Happy painting!

Deine Dodo