Acryl: Krasser Typ – ein Portrait

Du siehst ein Coverbild des Artikels Acryl: Krasser Typ Acrylmalen ist wohl die unkomplizierteste Technik von allen Malarten.

Acryl Portrait – das schrittweise Herantasten

Sicher gehört Acrylmalen zu den einfacheren Übungen. Dennoch gibt es vieles zu bedenken, bevor man sich an die Arbeit (oder besser das Vergnügen) macht. Da wären zum einen die Farben. Bevor du dich lange rumärgerst mit schwierigen Umständen, besorge dir gleich etwas Gescheites. Ich meine damit wirklich erstklassige Farben.

du siehst eine menge verschiedener acrylfarben in tuben
Tuben sind super für kleinere Projekte

Natürlich kannst du auch mit billigen Supermarkt-Farben beginnen, aber ich glaube, du tust dir damit keinen Gefallen. Pigmente kosten eben Geld. Wenn diese nur sehr spärlich eingesetzt werden, weil die Farbe zum Dumpingpreis raus muss, dann leidet die Qualität. Die Farben sind stumpf  und grau. Nichts für uns, stimmts? Greife lieber zum teureren Produkt und freu dich über das Ergebnis.

Was du brauchst:

  1. Keilrahmen (für deine ersten Werke kannst du ruhig preiswertere Modelle nehmen. Bedenke aber, dass sich diese zumeist verziehen werden. Es wird also kein Werk für die Ewigkeit werden. 😉 Meiner ist vom Kunstgroßhandel und 60 x 40 cm groß. Die Leinwand ist vorgrundiert, was praktisch ist!
  2. Acrylfarben – wie oben erwähnt, wähle Qualität, also ein mittleres bis teures Preissegment. Lieber weniger Tuben und dafür bessere. Ob du Tuben oder Flaschen  nimmst ergibt sich aus deinen Vorhaben. Willst du kleinere und wenig Bilder damit malen, dann reichen die Tuben völlig aus.
  3. Malfetzerl (wichtig!)
  4. Borstenpinsel – hier gilt das gleiche wie für die Farben. Leiste dir zwei, drei supergute Pinsel. Die anderen verlieren soviele Haare, dass deine Leinwand bald aussieht wie ein Yeti.
  5. Wasser – und mehr ist es eigentlich nicht.

Wie du am besten mit deinem Portrait in Acryl beginnst:

Schritt 1: Vorzeichnen mit Bleistift

Schau dir deine Person, die vor dir sitzt, bzw. das Bild ganz genau an. Überlege von welcher Seite das Licht kommt. Achte genau darauf, wo die Schatten liegen und das Licht. Dann beginne mit der Skizze. Keine Sorge, die Bleistiftstricht verschwinden nachher hinter dem pastosen Auftrag der Farbe.

du siehst die vorzeichnung des portraits
Ich verwende Bleistifte der mittleren Härte HB

Schritt 2: Siena gebrannt als Schatten-Hilfe

Jetzt geht’s auch schon los mit der Farbe! Zu allererst machst du dir eine Schatten-Hilfe. Was das ist? Du mischt dir mit der Farbe Siena gebrannt (die wirst du noch öfter brauchen!) eine wässrige Lösung. Beziehungsweise zwei davon: eine dunkle und eine helle. Dann legst du in rasanten Malbewegungen die ersten Schatten- und Licht-Partien an. Siehe das untere Bild. (Auch diese Striche werden unter der „richtigen Malschicht“ nicht mehr zu sehen sein. Dieser Schritt ist wahrscheinlich der wichtigste von allen. Ohne auf Licht und Schatten zu achten, wird dir dein Portrait nicht gelingen. Deshalb mach bitte immer vorher eine Untermalung.

du siehst die erste grundierung mit licht und schatten
Licht und Schatten geben dem Bild die nötige Tiefe

Schritt 3: Farben sehen lernen

Du wirst jetzt meinen, wieso soll ich Farben sehen lernen? Ich sehe doch eh alles. Von Natur aus. Doch das ist leider nicht so. Unsere Augen nehmen etwas wahr und das Gehirn konstruiert sich sein eigenes Bild daraus. In bestimmten Fällen, wo sich etwas zu wiederholen beginnt, wird das Hirn faul. Es meldet dir dann, sobald du ein Menschengesicht siehst: hautfarben. Aus. Punkt. Ende. Erst wenn du genau hinsiehst, kannst du vielleicht die ersten Farbakzente erkennen, die auch noch in diesem Gesicht zu erkennen sind. Da schimmert vielleicht die Stirn ein bisschen grünlich, da siehst du vielleicht violette Reflexe auf der Schläfe. Und sobald du diese Farben anmischst und auf die Leinwand setzt, merkst du, es gibt noch so viel mehr Farben. Mit der Zeit eröffnet sich dir ein ganzes Kaleidoskop an unglaublichen Farbschattierungen, dass du gar nicht mehr aufhören kannst, zu staunen. Somit lernst du tatsächlich mehr Farben zu sehen, als der Durchschnittsmensch.

acryl malen ist sehr dankbar. du siehst einen entwicklungsschritt des portrait-projekts
Die ersten Farbschichten, hier zarte Grün- und Ocker-Orange-Mischungen, kommen auf die Leinwand.

Schritt 4: Farborgien – Sei wild und frech und wunderbar!

Tob dich aus mit den unterschiedlichen Farbmischungen. Aber mische die Acrylfarben immer vorher auf der Palette. Versuche nicht, dies auf der Leinwand zu tun. Das ergibt nur graubraune Saucen. Sei geduldig und mische tatsächlich solange, bis du die richtige Farbe zuwege gebracht hast. Stress ist hier absolut unangebracht. (Fast überall unangebracht übrigens! 😉 Und vor allem: trau dich, ungewöhnliche Farben zu verwenden.

du siehst einen mix aus unterschiedlichen Farbflächen mit Acryl
Würdest du bei diesem Anblick der vielen Acrylfarben denken, es handelt sich hierbei um Haare?

Tipp: Pinsel liegend trocknen lassen

Wenn du die Borstenpinsel am Ende gut auswäscht (am besten mit etwas Kernseife und lauwarmem Wasser) dann lege sie danach auf dein Malfetzerl und lasse sie liegend trocknen. Wenn sie im Stehen trocknen, rinnt das Wasser in den Metallschaft und der Pinsel wird mit der Zeit spröde.

Du siehst zwei Pinsel für das Acrylmalen
Pflege deine Pinsel-Schätze!
Du siehst ein Detail des Portraits, ein Ohr
Haare sind niemals einfach nur braun oder blond. Sie haben immer viele unterschiedliche Farben.

Schritt 5: Acryl als Feuerwerk der Farben

Bei diesem Detail-Ausschnitt siehst du, wie ich immer wieder eine Farbschicht über die andere lege. Es ist eine Art Herantasten, eine iterative Näherung an die Lösung. Du wirst sehen, dass du sehr dunkle Farbmischungen, wie etwa das Grau beim inneren Augenwinkel, verwenden kannst, ohne dass das Bild unglaubhaft erscheint. Hole dir Inspirationen bei anderen Künstlern, die diese Technik beherrschen. So lernst du am meisten. Eine großartige Malerin, die das souverän beherrscht, ist Ingrid Brandstetter. Hier ist ein Werk, wo man das am besten beobachten kann. Natürlich gibt es viele andere KünstlerInnen, die das perfekt beherrschen, wie beispielsweise Xenia Hausner. Ich liebe die Arbeiten von Ingrid Brandstetter, weil sie so lebensbejahend sind. Lachende Frauen sind eines ihrer Hauptmotive und das tut einfach der Seele gut.

Du siehst ein Detail aus dem Portrait Krasser Typ
Trau dich! 🙂

Tipp: Acrylfarben mit Fixativ überziehen

Am Schluss kannst du dein Acrylgemälde noch mit einem Fixativ überziehen.  Den gibt es matt oder glänzend. Ich habe einen glänzenden in Sprayform verwendet.

du siehst das fertige gemälde krasser typ
Krasser Typ, Acryl auf Leinwand, 40 x 60 cm